Prüstandsversuch mit einem Euro 5-Diesel |
Der mit großem Tamtam
angekündigte Diesel-Gipfel hat einen
weiterhin extrem verunsicherten Markt hinterlassen. Und seine Substanz war
derart gering, dass Kanzlerin Merkel sogleich das nächste Selbstzünder-Gipfeltreffen
angekündigt hat. Die Dieselproblematik plötzlich ein Wahlkampfthema? So sehr
sich die Bundesregierung davon überrascht zeigt, so offenkundig war dessen
Absehbarkeit. Die Politik tappt im Dunkeln, die Industrie taumelt zwischen Schockstarre und Kommunikationschaos.
Die Ausgangslage ist klar: Dobrindt will seine
Haut bis zur Bundestagswahl retten, Frau Hendricks ist ohnehin Ministerin auf
(Wahl-) Abruf. Ob der Plan von Dobrindt aufgeht, wird sich in den nächsten
Tagen zeigen, sprich: Ob Merkel nicht Seehofer doch noch dazu bewegt, ihn zu
opfern. Die Begründung läge auf der Hand: Er hat mit der PKW-Maut klar die
falschen Prioritäten gesetzt und die Diesel-Diskussion viel zu lange laufen
lassen
Laut Herrn Dobrindt (die
Tonalität ist aufschlussreich: Er spricht von den „Automobilern", Frau
Hendricks von der "Auto-Industrie") hat sich die Bundesregierung auf
den Vorschlag der Hersteller eingelassen, alle Software-Updates bei Euro 5 und
Euro 6 auf "etwa 30 - 35%" zu mitteln. Das ist perfide, und zwar aus
folgenden Gründen:
1. Software-Updates bei
Euro 5-Dieseln sind gemäss der überwältigenden Expertenmeinung Unsinn, ja sogar
kontraproduktiv: NOx-Reduktionen von bestenfalls 25% stehen erhebliche
Verschlechterung bei CO2- und Ruß-Emissionen (Lebensdauer der
Dieselpartikelfilter sowie der Abgasrückführungs-Komponenten),
Kraftstoffverbrauch und Laufverhalten gegenüber. Im Übrigen kann sich jeder die
Frage stellen, inwieweit diese staatlich genehmigten Updates die hochbezahlten
VW/Audi-Softwarebetrüger nicht zu dummen Buben abstempeln.
2. Ganz ähnlich verhält es
sich bei denjenigen Euro 6-Fahrzeugen, die über kein SCR-System (sprich
AdBlue/Harnstoff-Einspritzung in den Katalysator) verfügen. Ein Beispiel
hierfür ist der neue Alfa Romeo Giulia, der lt. RDE-Messungen über 1000 mg NOx
emittiert (zul. EU-Grenzwert 80 mg x Faktor 2,1 = 170 mg).
3. Bei den Euro
6-Fahrzeugen mit SCR-Technologie folgt das nächste Dilemma: Die AdBlue-Tanks
sind zu klein! Und dies nicht nur aus simplen "Spargründen", sondern
weil die Karosseriearchitektur (Bodengruppe) bei den betroffenen Fahrzeugen
nicht dafür ausgelegt ist (ein Harnstofftank lässt sich nur am Unterboden
montieren, eine Unterbringung im Kofferraum verbietet sich, da schon die
kleinste Undichtigkeit das Fahrzeug geruchstechnisch "verseuchen"
würde). Während BMW als einziger Hersteller, der SCR- und Denox-Speicherkats in
der Serie miteinander kombiniert, hier noch die geringsten Probleme hat, wiegt
der Fall bei den Mitbewerbern schwerer. Ein Beispiel: Würde ein VW Tiguan mit
seinem 12 Liter fassenden Harnstofftank per Software auf eine
"ehrliche" AdBlue-Dosierung von 4%/100 km getrimmt, müsste nach
spätestens 5000 km AdBlue (bei Vollgas-Piloten deutlich früher) nachgefüllt
werden. Ähnlich verhält es sich bei den Sechszylinder-Dieselfahrzeugen,
insbesondere den SUV's, von Audi, Porsche oder Mercedes: Diese haben zwar
Tankvolumina von im Schnitt gut 20 Litern, verbrauchen dafür aber mehr. Der
AdBlue-Preis: 10 Liter bei Amazon 12 Euro, an der Tankstelle bis zu 20 Euro.
Damit bewegt sich der Literpreis von AdBlue allmählich auf Dieselniveau! Und
wer einmal selbst nachgefüllt hat, tut dies nie wieder: Stechender Geruch,
schon der kleinste Spritzer ruiniert die Kleidung und brennt auf der Haut. In
der Werkstatt kostet der Spaß 90 Euro (Vierzylinder). Was wohl die
Autowerkstatt auf der Urlaubsfahrt am Mittelmeer zu dem Nachfüll-Begehren sagen
würde?
Punkt 3 zeigt, wie
unrealistisch eine SCR-Nachrüstung bei Euro 5- und 6-Fahrzeugen (ohne SCR) ist.
Nichts gegen das Binox-System von TwinTec/Baumot, dessen Grundidee zweifelsfrei
sehr gut ist. Aber dieses wird zumindest kurz- bis mittelfristig wenig Chancen
haben, da einer großen Zahl von Fahrzeugen der notwendige Bauraum fehlt und die
erforderliche Neuabstimmung der Motorsoftware extrem aufwendig ist.
In Erinnerung gerufen muss auch die technische
Hauptursache des Diesel-Skandals, nämlich die Versottung der AGR-Ventile
(Abgasrückführung): Genau hierfür will die Autoindustrie im Zuge der
angebotenen Software-Updates die volle Gewährleistung übernehmen. Das grenzt an
Verbraucher-Verdummung!
Ein weiterer
schwerwiegender Mangel an dem heutigen
"Wir-überbrücken-mal-die-Bundestagswahl-Kompromiss" ist die sich
fortsetzende Blockadehaltung gegenüber der blauen Plakette: So ungeliebt dieses
Kind der zu Recht überaus anrüchigen Deutschen Umwelthilfe (DUH) auch immer
sein mag, so unverzichtbar ist es, zumal darin das einzige derzeit verfügbare
Marktsteuerungsinstrument für wirksame Nachrüstlösungen besteht. Die von
Dobrindt proklamierten "Gebietsanalysen in den derzeit 28
Problemregionen" sind jedenfalls ein peinlicher Treppenwitz, reine Show,
da technisch nicht umsetzbar!
Szenario a: Sollte die
künftige Bundesregierung (im Fall CDU/FDP) durchaus realistisch) beim
derzeitigen "Konzept" bleiben, wird verkehrsrelevante Umweltpolitik
auch weiterhin von den Gerichten betrieben werden. Dies bedeutet zwar noch
nicht das Ende des PKW-Diesels, wird aber negative Auswirkungen auf die
Volkswirtschaft nach sich ziehen, da die Verunsicherung der Verbraucher sich
weiter fortsetzt und das Image der Autohersteller weiteren Schaden nimmt.
Wirksame Nachrüst-Technologien werden allerdings trotzdem zum Zuge kommen.
Szenario b: Die Politik kommt nach der Wahl
zur Vernunft und sorgt bis Jahresende für einen wirklich zierführenden Konsens:
Bezüglich Punkt 1 wird eine Drittelung der Kosten von streng
ergebnisorientierten, aber technologieoffenen Hardware-Lösungen, die vom Markt
angeboten werden (z.B. Wassereinspritzung, SCR-Nach- bzw. Aufrüstung etc.)
vereinbart. Autohersteller zahlen in einen Nachrüstfonds, der Bund legt ein eigenes
Programm in gleicher Höhe auf (analog der früheren
Dieselpartikelfilter-Nachrüstung), das übrige Drittel tragen die
Fahrzeugbesitzer, egal ob privat oder Handel. Dies ist zweifelsfrei der goldene
Weg, den Diesel aus der Schusslinie zu bringen. Und er wird kommen,
möglicherweise auch für Punkt 2, da eine SCR-Nachrüstung allein schon aus
Platzgründen technisch und wirtschaftlich extrem problematisch ist.
Fazit: Längst arbeiten Automobilzulieferer an innovativen Nachrüstkonzepten, wie etwa der Saugrohr-Wassereinspritzung, mit der "ehrliche", d.h. unter realen Einsatzbedingungen nachweisbare NOx-Reduktionen von über 50% bei Kosten von 1.000,00 Euro (Vierzylinder-Diesel) möglich sind. Zumal die Einbringung von Wasser in den dieselmotorischen Verbrennungsprozess ein gut beherrschbares Verfahren ist, das die Entstehung von Stickoxiden durch die Verringerung der Temperaturspitzen bereits im Motor deutlich mindert - ohne die hervorragende Effizienz der Motoren in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen.
Fazit: Längst arbeiten Automobilzulieferer an innovativen Nachrüstkonzepten, wie etwa der Saugrohr-Wassereinspritzung, mit der "ehrliche", d.h. unter realen Einsatzbedingungen nachweisbare NOx-Reduktionen von über 50% bei Kosten von 1.000,00 Euro (Vierzylinder-Diesel) möglich sind. Zumal die Einbringung von Wasser in den dieselmotorischen Verbrennungsprozess ein gut beherrschbares Verfahren ist, das die Entstehung von Stickoxiden durch die Verringerung der Temperaturspitzen bereits im Motor deutlich mindert - ohne die hervorragende Effizienz der Motoren in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen.